Frosch´ Neues!
Das waren noch
Zeiten, als Roadies noch aussahen wie Roadies.
Selbst wenn du
dich mit einem Anzug verkleidet hattest, sah es bestenfalls aus, als ob man
gerade seine Oma begraben hätte. Der feine Zwirn blieb ein Kostüm. Der Blaumann
für die Gala.
Helme kanntest du nur von „Bob, der Baumeister“, „Engelbert-Strauss“
hättest du bei der CSU vermutet.
Arbeitsklamotten
waren einfach SCHWARZ. Fertig. Oder nackt.
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Ist das Jerry hinten links? Nein, doch nicht. |
Als ich vor
fast 30 Jahren als Roadie anfing, hat mich das Unkonventionelle an diesem Beruf
am meisten beeindruckt.
Damals gab es
noch Firmen wie „Maniac“, „Schallwand“, „Amptown“ oder „Rocksound“. Entstanden aus dem Umfeld der Kunst, geprägt
von Herzblut statt von Ökonomie.
Man war genau
das, was man machte. Nicht mehr und nicht weniger.
Hattest du Mist gebaut,
brauchte es dreißig gute Jobs, um das auszugleichen.
Fünfzig gute
Jobs in Folge brachten dir jedoch gar nichts.
(Bei den
heutigen „Comedians“ nutzen dir auch 500 nichts ;-) )
Aber man tat es
für sich selbst und profitierte am Ende vom Erfolg der Veranstaltung.
Man lebte vom
Applaus genauso wie vom Catering, mal recht mal schlecht und existierte in
einem eigenen Universum, das sowieso keiner verstand außer der Kollegen, mit
denen man es teilte.
Bezahlte
Soziopathen. (Ein Frontalhirnsyndrom war oft hilfreich.)
Aber die
Parties waren immer gut. Auch heute noch liebe ich meine Kollegen und bin mit
vielen schon lange befreundet.
Im Verlauf der
Jahre habe ich viele kommen und gehen sehen, und es freut mich, dass auch noch
ein paar aus der Zeit meiner ersten Erfahrungen in dem Job übrig sind.
Viele sind
verdientermaßen viel erfolgreicher als ich, ein paar sind aber auf der Strecke
geblieben.
Vor allem
vermisse ich die Kollegen, die unfreiwillig oder durch Tod und Unfall von uns
gegangen sind.
Am Ende sind
wir alle nur eine Crew.
Ich habe den
Job als solchen geliebt und gelebt. Vielleicht lange genug nun?
Streben nach Macht
oder Ansehen und Kohle war nie mein Antrieb. Sonst hätte ich auch so etwas wie den
VPLT gegründet oder Versicherungen gedrückt.
Auch ohne BGV
C1 wusste man schon immer, dass um eine Lampe oder einen Lautsprecher ein
Stahlseil gehört.
Allerdings
wurde damals auch nicht so viel Geld mit Bildung verdient. Das geilste sind
diese Operatorkurse. Den Meister sollte man auch aus Überzeugung machen, nicht
weil man sich mehr Gage erhofft.
Diese Branche
ist latent vor die Hunde gegangen.
Langsam sollte
ich sehen, dass ich da wegkomme. Das ist mein einziger persönlicher Vorsatz für
2015.
Man könnte fast
sagen, dass hier der eigene Krebs mit Nivea gepflegt wird. Es werden
unanständig viele Auszubildende eingestellt, damit man mit diesen „billigen“
Angestellten ein Personaldumping aufrechterhalten kann, das wiederum die
Preispolitik im Allgemeinen subventioniert.
Da haben wir
den Grund für das Abnippeln vieler kleinen Unternehmen. Die Firmenchefs der
Garagencompanies verbringen oft ihre Freizeit auch noch in der Firma, um ihre
80-Stunden-Woche noch mit der Vorbereitung der Jobs abzurunden, für die sie
sich keinen Techniker leisten können. Wie auch bei einem Paketpreis von 500,-€
für Ton, Licht und Manpower.
Überstundenbezahlung?
Lustig.
Man müsste
einen Verband gründen, der sich ähnlich wie eine Gewerkschaft um die Interessen
der Techniker kümmert. Ach, existiert schon? Na ja…
An dem Tag, an
dem ich diese „Muster-AGB´s“ abschrieb und rumschickte, bekam ausnahmsweise ich
einen Anruf von jedem meiner Kunden.
Haben wir
gelacht.
Aber dass wir zu wenig verdienen, hätte ich auch alleine gemerkt. Da
Standards zu schaffen und diese durchzusetzen wäre eine Sache gewesen, die ich
mir erhofft hätte von einem Verband, der Mitgliedsbeiträge kassiert. Genau wie
die IHK. Unnütz.
Die IHK-Zeitung und das VPLT-Magazin als Print sind sinnvoller.
Da kann
wenigstens einen Fisch drin einwickeln.
Eigenartigerweise
steht das, was ich kritisiere, im aktuellen VPLT-Magazin. Naja.
Zumindest steht da, dass sie sich
nun um den „Menschen“ kümmern wollen.
Wie steht da noch nicht. Es wäre auch
vermessen, das jetzt schon zu verlangen, wo man doch gerade erst auf den
Trichter gekommen ist.
Von Zeitarbeit
und ihren „Todeshändlern“ fange ich gar nicht erst an.
Viele feine
Jungs und Mädels sind auf der Strecke geblieben, weil man den Stagehand
abgeschafft hat.
Aber das ist
hier ja kein Hateblog.
Ich muss mich beherrschen.
Es gibt sie
aber noch, die seriösen Unternehmen.
Zumindest in den großen Städten. (Im
Emsland weniger.)
Dafür möchte ich mich auch noch einmal bedanken.
Nachdem ich
künstlertechnisch und agenturtechnisch auf das falsche Pferd gesetzt hatte, wurde ich von zwei
Unternehmen aufgefangen, ohne die ich echt am Arsch gewesen wäre. Beides große
Firmen, in denen auch mit Azubis noch ordentlich umgegangen wird.
Nach 7 Jahren
auf Tour war der Einstieg für einen alten Sack wie mich nicht so einfach.
Aber
ich glaube, das was ich sehe, gefällt mir nicht.
Zum einen gibt es
für meinen Geschmack zu viele von den billigen „jungen Wilden“, die noch Zeit für die berühmte Kaffeetournee
haben, um Jobs abzugreifen, ohne zeitliche Verpflichtungen durch Familie
und Kinder.
Kennste? (Das ist ein Hyperlink)
Akquise war eh
nie mein Ding. Bin ein alter Punk, kein Bankkaufmann.
Aber auch so
kann ich mir ausrechnen, wie viele Jobs ich zum durchschnittlichen Tagessatz
machen müsste, um mein Familienunternehmen zu finanzieren. Und dann jedes Mal
gegen die Dumpingfraktion pitchen?
Das nächste
Problem: Ich werde dieses Jahr 50, habe eine Frau, drei Kinder und zahle ein
Haus ab. Urlaub hier und da fände ich auch gut.
Ich kann es mir
gar nicht leisten, mich für 230,-€ ohne Überstundenbezahlung ausbeuten zu
lassen.
Für eine
Festanstellung bin ich in dieser Branche auch zu teuer und dazu noch ein
biologisches Risiko.
Soziale
Verantwortung fällt weitestgehend unter dem Tisch im „harten Tagesgeschäft“.
Es gibt keinen
Generationenvertrag!
Wie soll ich mit einem fünfköpfigen Haushalt für das Alter
vorsorgen? Bei diesen Bedingungen?
„Fleisch wächst
nach, Material nicht“ und „Für jeden Techniker stehen vor der Tür zehn andere“
Das sind Originalzitate.
Ich assoziiere dabei Gedanken an die Ausübung körperlicher Gewalt.
Es gibt hier
keine Gewerkschaften, keinen Schutz für freie Mitarbeiter und keine
Verpflichtungen den „Selbständigen“ gegenüber. Dafür hat der „Selbständige“,
der nur seine Arbeitskraft verdingt auch keine Privilegien gegenüber dem Staat.
Nur noch für
Ruhm und Ehre arbeiten? Ich soll für jede Taxiquittung stundenlange
Diskussionen führen, während mal eben für lau noch acht zusätzliche Movingheads
aufgehängt werden?
Für Künstler,
die so loyal sind wie ein hungriges Insekt? Wo man auch nach fast einem
Jahrzehnt nicht merkt, mit wem man es in Wirklichkeit zu tun hat, weil die
aufgesetzten Fassaden noch besser sind als ihre Bühnenprogramme?
Für Agenturen,
die Techniker nur als Kostenfaktor sehen? Die noch nicht einmal wissen, dass
Techniker Stoffwechsel betreiben und nur für zehn Stunden versichert sind?
Dann diese
Rock´n´Roll-Geschichte, die noch schlechter bezahlt wird als Prospekte verteilen?
Weil es Spaß macht? Weil ich die Musik so toll finde?
Lass mal. Ich habe mit vielen wirklich großen Künstlern zusammengearbeitet. Das muss ich mir heute nicht noch auf den letzten Drücker kaputtmachen.
In meinem Alter freut man sich auf Festivals mehr auf die Kollegen als auf die Künstler.
Wie viele
mitbekommen haben, macht mir die Schreiberei auch Spaß. Man kann zwar davon
nicht leben, aber es ist ein tolles Hobby.
Es würde mich
freuen, wenn ihr in Zukunft meine Bücher lesen würdet. Jetzt kommt bald mein
zweites Werk, „Erbe des Tantalos“, heraus. Nummer Drei habe ich bereits
begonnen und es läuft gut. Das wird meine erste „Komödie“. Im „Niven“-Style
selbstverständlich.
Das Wichtigste jedoch
wird in Zukunft für mich die Zeit mit meiner Familie sein.
Ist es ein
Geschenk, wenn man zum dritten Mal die Chance bekommt, seinem Kind beim
Aufwachsen zuzusehen? Oder ist es eine Verpflichtung?
Dieses Mal
werde ich meine CUE´s nicht verpassen.
Danke für drei aufregende
Jahrzehnte „on the Road“.
Ihr seid die geilste Crew.
Und ein erfolgreiches 2015 wünsche ich Euch von Herzen.
Bis demnächst.