Freitag, 12. Dezember 2014

Ken und Barbie

Ken und Barbie (oder: Word unterstreicht Jebsen rot)


Neulich an irgendeiner Hotelbar haben wir uns über diese eigenartige Bewegung der militanten Verschwörungstheoretiker unterhalten und kamen dann auch auf diesen Jebsen zu sprechen, der die Antilopen-Gang verklagt hat, weil sie einen großartigen Text geschrieben haben.

Keine Ahnung, was ihn dazu gebracht hat, aber offensichtlich fühlte sich der Mann im Song direkt angesprochen.

Aber auch in unserer kleinen Runde spaltet Barbies Exmann die Gemüter. 

Die einen hassen ihn, die anderen finden ihn lächerlich, wieder andere finden ihn menschlich abstoßend, noch andere halten ihn für dumm oder wahnsinnig. Einen regt er sogar zum Nachdenken an.

Mit Recht, wie ich finde. Zu Wort käme man ja bei ihm eh nicht.

Spontan hatte ich mich gefragt, was man wohl anstellen muss, damit man bei einem Radiosender rausfliegt. (Sorry, Martin Kesici. Aber diesmal meine ich nicht dich.)

Aber bei weiterer Recherche sondert die Vita dieses Aufklärers schon einen ziemlich Mix aus Irrsinn und Antisemitismus ab. 

Fürsprecher von Bushido, nachdem er Israel das Existensrecht absprach. 
Der Holocaust sei ein PR-Gag, der Anschlag auf das WTC ein „warmer Abriss“ gesteuert wie sämtliches Weltgeschehen vom CIA…

Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er glaubt und vor allem wem er es nicht glaubt.
Ehrlich gesagt, halte ich es nicht lange aus, mir seine Statements anzuhören, wo Opfer in die Täterrolle gedrückt werden, wo mit passiven Methoden Hetze betrieben wird. Möge sich jeder selbst ein Bild machen.

Es gibt viel zu viele Beispiele in den letzten Einhundert Jahren, auch in Europa, wo Kriege, religiöser Fundamentalismus, Gier und Machtbesessenheit die Menschen ins Unglück gestürzt haben. 

Aber es ist der falsche Weg, in solchen Konflikten stumpf Partei zu ergreifen, denn es gibt stets Opfer auf beiden Seiten. 

Auslöser sind immer radikale Minderheiten, die niemals repräsentativ für ihr Volk sein können.

Leute wie Elsässer, Mährholz und Jebsen greifen die konkreten Probleme ihrer Anhänger auf und erklären sie mit abstrakten Theorien. Da der Unzufriedene nicht gerne selber denkt, nimmt er den Schwachsinn gerne an, bekommt dadurch ein konkretes Ziel für seinen Unmut und wird in eine Spur gedrängt, die zu allem führt, nur nicht zur Veränderung oder Verbesserung seiner Lage.

Aus Protest geht man nicht wählen, da ja sowieso alles „gesteuert“ wird. Aus Wut wird alles boykottiert, das Eigeninitiative, Mitgestaltung, und dadurch Veränderung, bewirken könnte.
Man beruft sich auf Machtlosigkeit und wird so zur Spielfigur der Verschwörungsgurus.

Wie kommt das nur, dass auch halbwegs intelligente Leute diesem Irrsinn anheimfallen?

Werfen wir zunächst einen Blick auf das Patriotenpack.

Schauen wir uns deren Eltern an.

Der eine Typus hält sein Umfeld für das „wahre Deutschland“. Dazu zählt der Karnevals- oder Schützenverein genauso wie das Schrebergartenghetto an der Ruhr. Dass die Hälfte der Namen aus ihrer Elite so ähnlich wie „Kowalsky“ klingt, hält sie nicht davon ab, ihren Kindern Angst vor Überfremdung,  Islamisierung und vor Machtlosigkeit zu vermitteln.
Der andere Typus schlägt Profit aus der Angst. Der warnende Zeigefinger wird gar nicht mehr gesenkt, und jeder, der weniger besitzt, wird zum Feindbild. Gelebter Kapitalismus geht eine Symbiose ein mit unterdrücktem Faschismus. Das Motiv „Gier“ wird zur Motivation, zu hassen. Die Beratungsresistenz ist erlernt. Gepaart mit fundierter Schulbildung prädestiniert man sich eher zum „Führertum“, denn zum Mitläufer oder Schlägertrupp.

Da ist es für deren Kinder nur noch ein kleiner Schritt zum Rechtspopulisten. Gehirn ausschalten. Ab zur Frauenkirche.
Heute brennen Asylantenheime, morgen Bücherberge. Bald sind es wieder Menschen.
Langsam verstehe ich, warum das Ding „antifaschistischer Schutzwall“ hieß. Vierzig Jahre haben sie sich für dumm verkaufen lassen, heute verarschen sie sich selber.

Kens Jünger hingegen stecken oft in einer Sackgasse. Mit dem Defizit des klaren Hinterfragens und eigenständigen Handels, erkennen sie zumindest, dass nicht alles perfekt läuft im eigenen Land.

Unzufriedenheit als solche ist schon legitim.

Aber sich mit Rechtsradikalen, Antisemiten, Hetzpredigern und Xavier Naidoo auf eine Bühne zu stellen, ist kaum zu tolerieren.


Da würde selbst Exit vor Mitleid gerne noch einen eigenen Spendenmarathon bei KEN FM ins Leben rufen.


Sonntag, 16. November 2014

Probleme?



Probleme?


Das Leben beschert einem stets ungefragt die lustigsten Begebenheiten. Aber leider auch die Unlustigsten. 

Es fällt mir schwer, in letzter Zeit zu lachen. Ebenso gelingt es mir nur mit Mühe, mich zu freuen. 

Dabei habe ich keine Probleme, die nicht jeder hätte.

Sicherlich kotzt es mich an, dass meine Branche auf eine Art, die die Willkür von Plantagenbesitzern kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg erinnert, die Techniker fallen lässt, die ihre Veranstaltungsklitschen mal groß gemacht haben durch ihre Arbeit. 

Aber da ja jetzt billige Arbeitskräfte in Form von Azubis gezüchtet werden, lässt sich da eine Menge Geld sparen. Und ein „junges Team“ macht ja auch was her.

Das kennt man auch in anderen Berufen.

Klar finde ich die Haltung unserer Regierung und unseres Bundespräsidenten gegenüber den Krisen in der Welt abstoßend und beschämend. Mit Waffenexporten auf Hilferufe zu antworten ist das Gleiche, als wenn man einem brennenden Menschen einen Tankgutschein schenkt. 

Die ganze Regierungsbank ein Pandämonium der Inkompetenz.

Deshalb kommt da auch keine Silbe nach den Vorfällen in Köln. Kein Wort zum Aufschwung der rechten Arschlöcher. Das Netz ist voll mit Naziparolen, Stammtischrassismus und einer Tsunamiartigen Anhäufung von Dummheit, Ignoranz und Peinlichkeiten.

Die sogenannten stolzen „Ich-bin-zwar-kein-Nazi-aber…“-Deutschen sind so blöd, dass sie noch nicht einmal mehr bei RTL2 im Publikum sitzen dürfen. 

Ich schäme mich für diesen Abschaum.

Die Rechten sind auf dem Vormarsch und Merkel, Gabriel und Gauck lassen nichts verlauten, dass auch nur annähernd Sicherheit oder Kontrolle signalisieren würde.
Schweigen heißt Zustimmung. Dreckspack.

Aber man hat ja bei dem NSU-Prozess gesehen, dass hier kein Interesse an Aufklärung besteht.

Genauso wie an Bildung.

Bin ich froh, dass ich kein Lehrer bin. Neben dem Polizeibeamten der einzige Beruf im Dienste des Staates, wo man noch mehr verarscht wird als der Zuschauer beim Supertalent.

Lass uns doch weiter teure Scheisse ins Weltall ballern, während abgefuckte Sonderzeichen-Promis für uns im Fernsehen kochen. Lass die Neofaschisten durch Hannover laufen, statt den Mist zu verbieten. Das Geld kann man ja im Bildungssektor abziehen.

Dumm gehorcht so schön.

Sagt jedenfalls dieser Julien Blanc. Wieso hat der eigentlich noch alle Zähne? RSD Seminar? Is klar.

Was ist denn los mit den Menschen? Den Penner sollte man in ein Frauengefängnis stecken und dort verrotten lassen. Oder er bekommt eine eigene Serie im TV. Direkt nach den Geissens. Dann ist das Entsetzen nicht ganz so groß.

Aber darum geht es: Kasse machen.

Da bekommt man plötzlich Emails, in denen talentierte Musiker oder andere Künstler um Geld betteln. Für die neue Platte, die nächste Ausstellung, einen neuen Film. Oder um die Räumungsklage und die Pfändung abzuwenden. 

Um die Schließung der letzten Jugendzentren und multikulturellen Begegnungszentren zu verhindern. 

Crowdfunding heißt profitieren.

Fragt sich nur, wer da profitiert.
Letzten Endes gibt es kein Geld mehr für Kultur, Integration oder soziologischen Fortschritt.

Doch man gibt ja nicht auf. Das sind ja keine echten Probleme.

Aber warum fühle ich mich dann so beschissen?

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Froschlers Liste



Froschlers Liste (für Jochen Reuter)


Heute ist es passiert. 
Heute wurde ich nominiert, aber nicht etwa für den ersehnten Literatur-Nobelpreis, sondern auf Facebook:

10 Lieder die in meinem Leben eine bedeutende Rolle spielen, soll ich benennen…

Eigentlich finde ich das ja doof mit diesen Nominierungen. Deshalb werde ich selbst auch keinen anderen ernennen. Aber man ist ja kein Spielverderber. Und zehn Titel, sind ja ein Klacks.

Am besten macht man das chronologisch.


Wenn ich ehrlich wäre, müsste ich jetzt anfangen mit „Dancing Queen“ von Abba.

Der alte Grundig-Plattenspieler, geerbt vom Sohn vom Sohn vom Sohn meines Ururgroßonkels oder so. Das Kratzen der Nadel auf der ersten eigenen Single, die ich selbst ausgesucht und mit eigenem Geld gekauft hatte. Ich war aber auch schwer in Agnetha verliebt.

Aber das kann ich hier nicht bringen. Der andere hat etwas mit Social Distortion geschrieben. 
Neff gegen Benny?

Also: 1. Love Hurts von Nazareth  Das war auch von 1976 oder so.

Irgendwann hatte mich jedoch wirklich der Rock´n´Roll gepackt.  
Es war mein Onkel, der mir damals die Fireball von Deep Purple schenkte. 
Damit wurde meine BeeGees Phase praktisch im Keim erstickt.

Kurz vorher hatte ich noch versucht, bei dem Film Saturday Night Fever, der damals in die Kinos kam, ein Mädchen aus meiner Schule zu befummeln. 
 Einen Tag später sang Ian Gillan

Your lips are like a fire
burning through my soul

Als wüsste der, dass die Lady mir eins aufs Maul gehauen hatte. Das brannte wirklich.

Also: 2. Fireball von Deep Purple

Direkt danach sind wir mit unseren Bonanza-Rädern bei Rot über die Ampel gebrettert und haben dabei lauthals gesungen: Breaking the law! Breaking the law!

Also: 3. Breaking the Law von Judas Priest

Die Stones brachten mich ein wenig runter. Ich fing an, Gitarre zu üben. Einen Song spielte ich, bis die Finger bluteten.

Also. 4. Angie von The Rolling Stones

Natürlich musste ich zu dieser Zeit die großartigen Beatles verabscheuen. Beides ging nicht. Stones und Beatles. Heute kann man dafür einfach Oasis hassen.
Dann entdeckte ich Zappa. Von ihm besaß ich irgendwann alle Platten. Auch die Studio Tan
Aber ein Erlebnis prägte mich sehr. 
Meinen ersten Joint rauchte ich zu dem Song „Muffin Man“

Also: 5. Muffin Man von Frank Zappa

Stellvertretend dafür war auch die ganze Pink Floyd-Phase. Ich war und bin auch heute noch der absolute Syd Barret-Fan. 

Damals kam mir diese Musik genauso gelegen wie Opas alte Sakkos. 

Und eins steht fest. Die Mädchen damals waren alles andere als leicht herumzukriegen. Diese ganze Hippiescheisse war eine einzige Lüge. Freie Liebe? Pah. 

Ich glaube, ich habe mir damals sogar Briefpapier gekauft, um mit den Ladies zu kommunizieren. 

Damals trieb ich mich in vielen alternativen Läden herum und dann sah ich in so einem besetzten Haus einen Film:

 „The Great Rock´n´Roll Swindle“ von den Sex Pistols

Das gab mir eine Initialzündung. An diesem Tag trug ich meine Haare noch schulterlang. Ungefähr 24 Stunden später waren sie ab und blau. Ich war blau und drauf. No Future.

Also: 6. Anarchy in the U.K. von Sex Pistols

Das war eine geile Zeit. Ich hatte eine tolle Jugend. Es gab so viele Bands.
 
Slime, Crass, Toxoplasma, Dead Kennedys, Black Flag, Test Department, Peter and the Test Tube Babies, Meteors, Addicts, 999, Angry Samoans, Bad Religion, The Damned, Canal Terror, Generation X, Plasmatics, The Stranglers, The Clash, UK Subs

Chaostage, Punktreffs und Parties. Demos und vor allem Musik ohne Ende. 

Die Gruftiphase mit Bauhaus, Joy Division, This Mortal Coil, The Cure und viele andere.

Einen Song werde ich auch nie vergessen.
Da hatte ich meine erste Discothekenschlägerei.

Also: 7. One Step Beyond von Madness

Meine kurze, aber heftige SKA-Phase. Vati ist nur noch im schwarzen Anzug herumgelaufen. Man lernte, dass eine Glatze einen nicht zum Rassisten macht. Es wurde immer noch Scheisse gebaut, aber…erwachsener. Der Mist, den wir verzapften, wurde richtig teuer.

Inzwischen stand ich auch immer öfter am Mischpult, und eines Tages machte ich den Bühnensound für eine Band, die ich damals sehr verehrte. The Specials

Also: 8. Bad Boys von The Specials

Und da gibt es auch noch Songs, die einen das ganze Leben begleiten. Es sind die Lieder, an denen man sich nicht satt hören kann. Songs, die Emotionen auslösen und einen zum Nachdenken, manchmal auch zum Umdenken bringen. Jeder hat welche. Außer Arschlöcher. Aber die haben eh nichts.

Aber ihr habt garantiert welche, sonst wärt ihr nicht auf meinem Blog.
Die Auswahl ist entsprechend schwer, aber bei mir bleiben zwei Titel immer wieder hängen

9. Wish you were here von Pink Floyd

Neben Let it be von den Beatles einer der wenigen Songs, wo Text und Musik wirklich füreinander bestimmt zu sein scheinen. Ich wünschte, der Song wäre von mir. Dann würde ich ihn wegschließen und nur ganz besonderen Menschen vorspielen.

Und

10. London Calling von The Clash

Joe Strummer war immer ein großes Vorbild für mich. Leider ist er nur fünfzig Jahre alt geworden, aber für mich wird er nie ganz fort sein. Er hinterlässt ein eindrucksvolles Lebenswerk vor dem Hintergrund einer eindrucksvollen Biographie. Er hat mich geprägt.
Ich vermisse ihn. 
Dieser Song steht für seine Lebenseinstellung, seinen Ergeiz und seine Authentizität. 
Und für seine Kunst.

Er hat bewiesen: The Future Is Unwritten