Donnerstag, 1. Januar 2015

Frosch´Neues

Frosch´ Neues!


Das waren noch Zeiten, als Roadies noch aussahen wie Roadies.

Selbst wenn du dich mit einem Anzug verkleidet hattest, sah es bestenfalls aus, als ob man gerade seine Oma begraben hätte. Der feine Zwirn blieb ein Kostüm. Der Blaumann für die Gala. 

Helme kanntest du nur von „Bob, der Baumeister“, „Engelbert-Strauss“ hättest du bei der CSU vermutet.

Arbeitsklamotten waren einfach SCHWARZ. Fertig. Oder nackt.

Ist das Jerry hinten links? Nein, doch nicht.


Als ich vor fast 30 Jahren als Roadie anfing, hat mich das Unkonventionelle an diesem Beruf am meisten beeindruckt.

Damals gab es noch Firmen wie „Maniac“, „Schallwand“, „Amptown“ oder „Rocksound“.  Entstanden aus dem Umfeld der Kunst, geprägt von Herzblut statt von Ökonomie.
Man war genau das, was man machte. Nicht mehr und nicht weniger. 

Hattest du Mist gebaut, brauchte es dreißig gute Jobs, um das auszugleichen.
Fünfzig gute Jobs in Folge brachten dir jedoch gar nichts.
(Bei den heutigen „Comedians“ nutzen dir auch 500 nichts ;-) )
Aber man tat es für sich selbst und profitierte am Ende vom Erfolg der Veranstaltung.
Man lebte vom Applaus genauso wie vom Catering, mal recht mal schlecht und existierte in einem eigenen Universum, das sowieso keiner verstand außer der Kollegen, mit denen man es teilte.

Bezahlte Soziopathen. (Ein Frontalhirnsyndrom war oft hilfreich.)

Aber die Parties waren immer gut. Auch heute noch liebe ich meine Kollegen und bin mit vielen schon lange befreundet.

Im Verlauf der Jahre habe ich viele kommen und gehen sehen, und es freut mich, dass auch noch ein paar aus der Zeit meiner ersten Erfahrungen in dem Job übrig sind.
Viele sind verdientermaßen viel erfolgreicher als ich, ein paar sind aber auf der Strecke geblieben.

Vor allem vermisse ich die Kollegen, die unfreiwillig oder durch Tod und Unfall von uns gegangen sind.

Am Ende sind wir alle nur eine Crew.

Ich habe den Job als solchen geliebt und gelebt. Vielleicht lange genug nun?

Streben nach Macht oder Ansehen und Kohle war nie mein Antrieb. Sonst hätte ich auch so etwas wie den VPLT gegründet oder Versicherungen gedrückt.

Auch ohne BGV C1 wusste man schon immer, dass um eine Lampe oder einen Lautsprecher ein Stahlseil gehört.
Allerdings wurde damals auch nicht so viel Geld mit Bildung verdient. Das geilste sind diese Operatorkurse. Den Meister sollte man auch aus Überzeugung machen, nicht weil man sich mehr Gage erhofft.

Diese Branche ist latent vor die Hunde gegangen.

Langsam sollte ich sehen, dass ich da wegkomme. Das ist mein einziger persönlicher Vorsatz für 2015.

Man könnte fast sagen, dass hier der eigene Krebs mit Nivea gepflegt wird. Es werden unanständig viele Auszubildende eingestellt, damit man mit diesen „billigen“ Angestellten ein Personaldumping aufrechterhalten kann, das wiederum die Preispolitik im Allgemeinen subventioniert.

Da haben wir den Grund für das Abnippeln vieler kleinen Unternehmen. Die Firmenchefs der Garagencompanies verbringen oft ihre Freizeit auch noch in der Firma, um ihre 80-Stunden-Woche noch mit der Vorbereitung der Jobs abzurunden, für die sie sich keinen Techniker leisten können. Wie auch bei einem Paketpreis von 500,-€ für Ton, Licht und Manpower. 

Überstundenbezahlung? 

Lustig.

Man müsste einen Verband gründen, der sich ähnlich wie eine Gewerkschaft um die Interessen der Techniker kümmert. Ach, existiert schon? Na ja…

An dem Tag, an dem ich diese „Muster-AGB´s“ abschrieb und rumschickte, bekam ausnahmsweise ich einen Anruf von jedem meiner Kunden.
Haben wir gelacht. 

Aber dass wir zu wenig verdienen, hätte ich auch alleine gemerkt. Da Standards zu schaffen und diese durchzusetzen wäre eine Sache gewesen, die ich mir erhofft hätte von einem Verband, der Mitgliedsbeiträge kassiert. Genau wie die IHK. Unnütz.
Die IHK-Zeitung und das VPLT-Magazin als Print sind sinnvoller.

Da kann wenigstens einen Fisch drin einwickeln.

Eigenartigerweise steht das, was ich kritisiere, im aktuellen VPLT-Magazin. Naja.
Zumindest steht da, dass sie sich nun um den „Menschen“ kümmern wollen. 
Wie steht da noch nicht. Es wäre auch vermessen, das jetzt schon zu verlangen, wo man doch gerade erst auf den Trichter gekommen ist.

Von Zeitarbeit und ihren „Todeshändlern“ fange ich gar nicht erst an.

Viele feine Jungs und Mädels sind auf der Strecke geblieben, weil man den Stagehand abgeschafft hat.

Aber das ist hier ja kein Hateblog. 
Ich muss mich beherrschen.




Es gibt sie aber noch, die seriösen Unternehmen. 
Zumindest in den großen Städten. (Im Emsland weniger.) 

Dafür möchte ich mich auch noch einmal bedanken.

Nachdem ich künstlertechnisch und agenturtechnisch auf das falsche Pferd gesetzt hatte, wurde ich von zwei Unternehmen aufgefangen, ohne die ich echt am Arsch gewesen wäre. Beides große Firmen, in denen auch mit Azubis noch ordentlich umgegangen wird.
Nach 7 Jahren auf Tour war der Einstieg für einen alten Sack wie mich nicht so einfach. 

Aber ich glaube, das was ich sehe, gefällt mir nicht.

Zum einen gibt es für meinen Geschmack zu viele von den billigen „jungen Wilden“, die noch Zeit für die berühmte Kaffeetournee haben, um Jobs abzugreifen, ohne zeitliche Verpflichtungen durch Familie und Kinder.

Kennste?    (Das ist ein Hyperlink)

Akquise war eh nie mein Ding. Bin ein alter Punk, kein Bankkaufmann.
Aber auch so kann ich mir ausrechnen, wie viele Jobs ich zum durchschnittlichen Tagessatz machen müsste, um mein Familienunternehmen zu finanzieren. Und dann jedes Mal gegen die Dumpingfraktion pitchen?

Das nächste Problem: Ich werde dieses Jahr 50, habe eine Frau, drei Kinder und zahle ein Haus ab. Urlaub hier und da fände ich auch gut.

Ich kann es mir gar nicht leisten, mich für 230,-€ ohne Überstundenbezahlung ausbeuten zu lassen.

Für eine Festanstellung bin ich in dieser Branche auch zu teuer und dazu noch ein biologisches Risiko.
Soziale Verantwortung fällt weitestgehend unter dem Tisch im „harten Tagesgeschäft“.
Es gibt keinen Generationenvertrag! 

Wie soll ich mit einem fünfköpfigen Haushalt für das Alter vorsorgen? Bei diesen Bedingungen?

„Fleisch wächst nach, Material nicht“ und „Für jeden Techniker stehen vor der Tür zehn andere“

Das sind Originalzitate. Ich assoziiere dabei Gedanken an die Ausübung körperlicher Gewalt.

Es gibt hier keine Gewerkschaften, keinen Schutz für freie Mitarbeiter und keine Verpflichtungen den „Selbständigen“ gegenüber. Dafür hat der „Selbständige“, der nur seine Arbeitskraft verdingt auch keine Privilegien gegenüber dem Staat.
Nur noch für Ruhm und Ehre arbeiten? Ich soll für jede Taxiquittung stundenlange Diskussionen führen, während mal eben für lau noch acht zusätzliche Movingheads aufgehängt werden?


Für Künstler, die so loyal sind wie ein hungriges Insekt? Wo man auch nach fast einem Jahrzehnt nicht merkt, mit wem man es in Wirklichkeit zu tun hat, weil die aufgesetzten Fassaden noch besser sind als ihre Bühnenprogramme?

Für Agenturen, die Techniker nur als Kostenfaktor sehen? Die noch nicht einmal wissen, dass Techniker Stoffwechsel betreiben und nur für zehn Stunden versichert sind?

Dann diese Rock´n´Roll-Geschichte, die noch schlechter bezahlt wird als Prospekte verteilen? 
Weil es Spaß macht? Weil ich die Musik so toll finde? 

Lass mal. Ich habe mit vielen wirklich großen Künstlern zusammengearbeitet. Das muss ich mir heute nicht noch auf den letzten Drücker kaputtmachen. 

In meinem Alter freut man sich auf Festivals mehr auf die Kollegen als auf die Künstler.

Wie viele mitbekommen haben, macht mir die Schreiberei auch Spaß. Man kann zwar davon nicht leben, aber es ist ein tolles Hobby.

Es würde mich freuen, wenn ihr in Zukunft meine Bücher lesen würdet. Jetzt kommt bald mein zweites Werk, „Erbe des Tantalos“, heraus. Nummer Drei habe ich bereits begonnen und es läuft gut. Das wird meine erste „Komödie“. Im „Niven“-Style selbstverständlich.

Das Wichtigste jedoch wird in Zukunft für mich die Zeit mit meiner Familie sein.

Ist es ein Geschenk, wenn man zum dritten Mal die Chance bekommt, seinem Kind beim Aufwachsen zuzusehen? Oder ist es eine Verpflichtung?

Dieses Mal werde ich meine CUE´s nicht verpassen.

Danke für drei aufregende Jahrzehnte „on the Road“. 
Ihr seid die geilste Crew.


Und ein erfolgreiches 2015 wünsche ich Euch von Herzen.

Bis demnächst.