Spuren der Gewalt (oder der misslungene Versuch mit 1000 Zeichen auszukommen)
Man muss
zugeben, es geht einem leicht über die Lippen, wenn es sich um die Androhung
von Gewalt handelt. Wenn man jemanden zum Teufel wünscht. Jemanden beleidigt.
Oder mit Prügel droht.
Natürlich ist
die Anwesenheit des „Opfers“ da eher von Nachteil, oft sogar hinderlich.
Man meint es ja
auch nicht so, wenn man Sprüche raushaut wie: „Wenn der mir noch einmal den
Steiger klaut, gibt es was auf die Fresse…“
Oder auch speziell
Frauen gegenüber: „(hier könnte irgend ein chauvinistischer Spruch stehen, der es nicht wert wäre,
aufgeschrieben zu werden)“
Kennt man. Aber
muss man?
Beschämenderweise
dienen in unserer Gesellschaft Begriffe wie „Gutmensch“ inzwischen als
Schimpfwort, und um anderen seine Meinung aufzuzwingen, ist es salonreif,
Menschen unter der Zuhilfenahme von Online-Petitionen
zu zerstören.
Je
unzufriedener und jämmerlicher jemand ist, desto lauter schreit er nach Gewalt
gegen Bessergestellte, Minderheiten oder gegen was auch immer sich gerade
anbietet.
Je nachdem, was
sich gerade im Fokus der Hetzmedien
befindet. Kinderficker, Rocker, Markus Lanz, Hoeneß, egal. Todesstrafe! Hängt
sie auf! Fuck off.
Aus der
Anonymität eines Internetusers im Netz heraus lässt sich ja auch wunderbar auf
die Kacke hauen. Wenn Freud zu Lebzeiten in irgendeinem beliebigen Forum hätte
mitlesen können, wäre aus dem Todestrieb eher der Tötungstrieb
geworden.
„Du hast eine
andere Meinung? Ich werde dich vernichten, Schwuchtel. Du Opfer! Bist Du behindert?“
Es wird aus dem
gesamten Spektrum geschöpft: Homophobie, Rassismus, blanker Hass.
Physische
Gewalt als Ende solcher Ereignisketten tritt eher selten auf. Unser Land ist ja
auch verglichen mit unseren Nachbarn vom Gewaltaufkommen her eine Oase.
Trotzdem. Fuck off.
Immerhin gibt
es nach G.Lind jedes Jahr registriert über 20000 Fälle von Kindesmisshandlung.
Die Dunkelziffer ist eher sechsstellig. Knapp 60 Prozent aller Eltern schlagen
ihre Kinder zumindest gelegentlich. Sechsstellige Zahlen zeugen von
Vergewaltigung. Hinzu kommt der ganze Cyberterror in den Social Media. Seelische
Gewalt. Fuck off.
Und es gibt
auch die Sorte, wie sie kürzlich meinem Kollegen und mir begegnet ist, die
einfach darauf aus ist, jemanden zu verprügeln. Nach einem netten Abend im Agnesviertel
in Köln kamen wir aus einer Kneipe, gutgelaunt, und da wurden wir einfach auf
der Straße angegriffen.
Ohne speziellen
Grund. Fuck erst recht off.
Über diese Facetten
der Gesellschaft wird natürlich eher selten berichtet, vielleicht, weil es
keinen interessiert, keine Quote
bringt oder auch zu schwer zu erfassen ist. Man kann noch nicht einmal sagen,
ob es einen Anstieg der Gewalt in Deutschland gibt, da es noch nie verlässlichen
Studien darüber gab.
Wenn man sich nun fragt,
wie man Gewalt eindämmen kann, sollte man sich vorher überlegen, wie sie
entsteht.
Laut Definition handelt es
sich um eine zielgerichtete Schädigung.
Der Rahmen der Bewertung ist dabei eher weit gespannt. Zur Lösung eines Handlungsdilemmas
steht Gewalt sicher ganz unten auf der niedrigsten Bewertungsstufe. Nach Lawrence Kohlberg im Modell der
moralisch-kognitiven Entwicklung entfaltet sich die soziale Problemlösefähigkeit
stufenweise auf dem Weg zum Vernunftwesen. Beeinflusst wird das alles von
Macht, sei es in einer Beziehung oder auch formal. Keiner würde aufmucken, wenn
der zwei Meter große, stirntätowierte Glatzkopf dich in einer Raucherkneipe
bittet, die Kippe auszumachen. Genauso ändert sich das Konfliktverhalten, wenn Verträge und, Abmachungen existieren, oder moralische
und ethische Grundsätze das Umfeld bestimmen. Und manchmal helfen sogar-kaum zu
glauben-Argumente. Das wäre dann der Olymp der Sozialkompetenz. Ein Mensch, der
argumentiert.
Ihr merkt es selbst. Ein
bisschen Hirn hat noch nie geschadet. Da macht es auch Sinn, die Fähigkeit der
Menschen zu fördern, mit Hilfe von Vernunft
und Argumenten ihre Konflikte zu lösen.
Moralische Prinzipien zu
vermitteln, am besten schon im Kindergarten, kann dabei auch nicht schaden.
Aber wie sieht es aus,
wenn Gewalt zum Auftrag wird? Kriegseinsätze im Ausland, also nicht zur
Verteidigung des eigenen Landes? Ein Großeinsatz der Polizei bei einer
friedlichen Demo, der zum Fiasko wird und in einer Eskalation der Gewalt endet?
Gewalt zu erwidern oder sie auszuleben hat nie einen positiven Effekt.
Gewalt wird
schnell zum Instrument der Macht. Letzten Endes ist sie reglementiert von
denen, die diese Macht besitzen. Ein Beispiel:
Du wirst auf
der Straße von einem Unbekannten überfallen, Du wehrst Dich. Es fließt Blut, und
der Typ zeigt Dich an, obwohl es aus Deiner Sicht Notwehr war.
Leider war es der
Sohn vom Bürgermeister, dem Du die Nase gebrochen hast.
Du verlierst
den Prozess, Du verlierst Deinen Job, weil man als Altenpfleger in einem
katholischen Heim keinen Hooligan in weißen Klamotten akzeptiert.
Die Presse
stürzt sich auf Deinen Fall. Auch hier verlierst Du. Es gibt einen Shitstorm im
Netz gegen Dich, Deine Familie wird gestalkt, Deine Tochter wird in der Schule verprügelt.
Deine Frau
verlässt Dich mit den Kindern. Du bist alleine in Deinem Haus, das noch nicht
abbezahlt wurde und Dir eigentlich schon gar nicht mehr gehört. Kurz bevor Du
Dich umbringen willst, ziehst Du Dir eine Flasche Whiskey rein.
Mitten in der
Nacht wirst Du wach.
Vor Dir stehen ein
paar Soldaten, die Dir mitteilen, dass Deutschland von Holland annektiert
wurde, um die Holländer zu schützen, die auf unseren Autobahnen durch die Nötigung
der deutschen Autofahrer mit ihren Wohnwagen in gefährliche Situationen
geraten.
Es läuft halt
manchmal nicht so gut.
„Das ist ein schwerer Übergang, aber so
ist das Leben: Heiter und bunt…“ (M.Lanz)
Da hat er Recht.
Aber man muss schon zweifeln, ob man wirklich unter solchen Bedingungen leben
will.
"Das tun alle, die solche
Zeiten erleben, aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Wir
müssen nur entscheiden, was wir mit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben
ist." (Gandalf)
YOLO ...
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