Heutzutage meint man das Ernst. Zumindest nehme ich es so wahr.
Wahrnehmung ist immer subjektiv.
Fast jeder hat in seinem
Leben Dinge verkackt und wurde von jemandem, der indirekt oder unmittelbar
davon profitiert, getröstet mit den Worten: „Wir handeln alle nur unter Druck.“
So ist es ja letzten Endes auch.
Aber es kommt auch auf die Situation an.
Geschichte ist
Kontext. Heutzutage erscheint der gesellschaftliche Kontext als Summe aus verallgemeinernder
Verachtung und blasierter Egozentrik. Aber davon bleibt die eigene Perspektive
unberührt.
Tausende Kolleg*innen aus der Eventbranche haben jetzt
gerade das gleiche Problem, aber jeder einzelne Mensch erlebt dieses - verzeiht
das Wortspiel - „historische Event“ aus dem individuellen beruflichen und
sozialen Umfeld.
Der Kontext ist gekleidet in einer unfassbar miesen
Arschloch-Pandemie, die der ökonomischen Ouvertüre ganz eigene Vorzeichen
verleiht und deinem persönlichen Schicksal die Blue Notes für den Soundtrack
deines Lebens.
Wenn es nur eine Wirtschaftskrise wäre, würde es ja nicht
alle auf einmal erwischen.
Jetzt gerade bist du ein potentieller Killer, wenn du dich
mit Leuten triffst, um dich auszuheulen. Geschweige denn arbeiten. Auf Events. Am
besten auf der AIDA. Ghostship.
Es gibt Kolleg*innen, die haben vorbildlich Rücklagen und/oder
ein zweites Standbein, zum Beispiel als Tischler beim Bestatter oder als Casebauer.
Andere haben das nicht, weil es die Lebensumstände nicht
zulassen oder man eine längere Zeit krank war oder sonst was.
Einer ist selbständig, der andere ist festangestellt. Auch
zwei unterschiedliche Perspektiven.
In jedem Fall hinterlässt man keine gute Visitenkarte, wenn
man blasiert und unwissend in der Wüste der Social Media über Kolleg*innen
herfällt, die
- sich nicht für unsere Branche eine Lobby wünschen, da man
ganz klar den Lobbyismus als das Krebsgeschwür unserer Wirtschaft erkannt hat
und lieber die Politik in eine Richtung lenken möchte, wo soziale Gerechtigkeit
für die Wirtschaft eine Rolle spielt.
- dir sagen, dass du sowieso nicht in einer signifikanten
Art und Weise vom Staat entschädigt wirst.
- der Meinung sind, dass der Job eines Eventtechnikers oder Messebauers
auch nicht besser ist als der eines Taxifahrers, Reisebürokaufmanns, Gärtners, Gastro-Bobs
oder jedes anderen Erwerbstätigen aus „nicht systemrelevanten“ Bereichen. So
sieht das übrigens auch die Regierung.
- keinen Bock auf Verbände hat, die ergebnissoffen
debattieren und schwebend unwirksame Lösungsansätze propagieren.
Was erwarten wir?
Erwarten wir nicht von einem Sozialstaat,
dass er grundsätzlich sozial handelt?
Auch wenn die Regierungsarbeit der letzten 20 Jahre einen
riesigen Haufen Probleme hervorgebracht hat, leben wir in einem der reichsten
Länder Europas und es wird sich bestimmt ein Weg finden, die Situation von
staatlicher Seite zu kompensieren, während wir gepflegt auf die „schwarze Null“
scheißen.
Wir sollten uns künftig nicht mehr von „schwarzen Nullen“ regieren
lassen. Auch nicht von blauen Nazis.
Die Branche liegt auch ohne Pandemie längst am Boden.
Deshalb gibt es kaum Headroom, weder für Einzelunternehmer noch für große
Firmen. Als Angestellter fängt der Staat einen Teil ab, aber als Freelancer
sieht es schlecht aus.
Nach dieser Krise wird die Welt eine andere sein?
Weiß ich nicht. Aber fest steht, dass eine Menge Menschen gestorben
sein werden und viele Überlebende damit klar kommen müssen und auch mit geänderten
Lebensbedingungen.
Wir schränken gerade Freiheiten und Grundrechte ein, die in
Jahrzehnten hart erkämpft worden sind und zu Recht als wertvolle Güter unserer
Gesellschaft galten.
Können wir garantieren, dass hinterher alles so wird wie
vorher?
Können wir davon ausgehen, dass der Diskurs als solcher, der von vielen
mit dem moralischen Deckmantel namens „Wir haben keine Wahl“ sämtliche Fragen
und Bedenken mit Shitstorm und Beleidigungen vom Tisch gefegt wird, hinterher
noch besteht?
Und ich meine nicht diese unsäglichen Verschwörungstheorien. Ich rede
von grundsätzlichen Fragen zu den Entscheidungen unserer Regierung und denen
der Europäischen Nachbarn, wo sich faschistische und totalitäre Staatsführer
dank Corona gerade bis auf die Knochen durch ihre Unfähigkeit blamieren.
Guckst du hier:
Es ist zu Recht Kritik an der Regierung angebracht, die viel
zu spät angefangen hat, die richtigen Maßnahmen im Hinblick auf die
Geschehnisse in China und zuletzt in Italien zu ergreifen.
Stattdessen wird die peinliche Worthülsensammlung unserer
Kanzlerin positiv bewertet, statt dass man erkennt, dass hier mal wieder pure
Verzweiflung und Schadensbegrenzung die Komponisten der Musik sind.
Das hier spricht mir aus der Seele:
Dieses Pandämonium, das Mutti ihr Kabinett nennt, hat ja
heute noch nicht begriffen, wie es geht.
Wenn man sich den Zustand unseres Gesundheitswesens ansieht,
bekomme ich Angst. Meine Frau steht an oberster Stelle bei den Risikogruppen.
Und eigentlich kratze ich selbst altersbedingt an dieser Grenze.
Ich wünsche mir folgendes, falls wir das alles überleben:
Solidarität beibehalten. Respekt und Achtsamkeit leben. Ein
Menschenleben ist das höchste Gut.
Politisches Engagement entwickeln und unsere Gesellschaft
mitgestalten, damit wir die Betonköpfe loswerden, die uns jetzt „regieren“.
Für unsere Branche:
Ich würde mir wünschen, dass Wertschätzung wieder an erster
Stelle stünde und nicht der Deckungsbeitrag. Motivierte Menschen leisten so
viel bessere Arbeit und im Nu würde es sich bezahlt machen.
Kalkuliert höhere Preise und beziffert endlich den Wert
unserer Arbeit in einer Form, die dem Ganzen gerecht wird. Nichts gegen einen
Klempner, der im Durchschnitt den dreifachen Stundenlohn einfährt.
Und bitte bleibt gesund!
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